Kino-Café Lauter/Sachsen, eröffnet 1977; Original/Repro: SStArch Chemnitz
Kino-Café Lauter/Sachsen (eröffnet 1977); Orig./Repro: SStArch Chemnitz

Kino-Cafés: Die führende Rolle der ... Gastronomie?

Die DDR-weit erste Kinoform, bei der ein gesamter Zuschauersaal mit Speisen und Getränken versorgt wurde, nannten die "Erfinder" Kino-Café. Sie verstanden darunter ein "Filmtheater, das den Bedingungen der Gastronomie entsprechend mit Tischen und Sesseln bzw. Stühlen ausgestattet" war (so ein zeitgenössisches Kinobau- und -rekonstruktions-Buch) und meist über ein umfangreicheres Speisen- und Getränkeangebot als die übrigen kleinen Kinoformen verfügte. Trotzdem sollte natürlich die Filmvorführung die Hauptrolle spielen, und um dies zu betonen, dachten sich die "zentralen" Berliner Kinotechnik-Experten die Bezeichnung "Café-Kino" aus. "Kinomacher" und Besucher vor Ort sprachen allerdings weiterhin von "Kino-Cafés".

Die Platzanzahl lag zwischen 30 und 120.

Definitorische Unterschiede zwischen den Bezirken

Im Vorreiter-Bezirk Cottbus stand warmes Essen auf der Speisekarte, das von ausgebildeten Gastronomie-Fachkräften zubereitet und serviert wurde – auch während der Vorstellung! In den übrigen Bezirken kümmerten sich Angestellte der Bezirksfilmdirektionen um die Speisen- und Getränkeversorgung. Die Angebot war hier wesentlich kleiner, ging nicht über Knabbereien, belegte Brötchen und die legendäre "Bockwurscht" hinaus.

In den meisten DDR-Bezirken, die verschiedene kleine Kinoformen in ihre Filmtheater einbauten, verwischten die Grenzen zu anderen kleinen Kinoformen, und auch die Bezeichnung "Kino-Café" nutzten die DDR-Kinomacher nicht einheitlich: Bei einigen Bezirksfilmdirektionen (Karl-Marx-Stadt, Suhl) waren Kino-Cafés Filmtheater mit Rang, in denen im Parkett eine lockere Bestuhlung mit Sesseln und Tischen und oben eine Reihenbestuhlung, zum Teil mit Tischen zwischen den Sesseln/Stühlen, zu finden war. Die gastronomisch betreuten Ränge hätte man also auch als "Rangbars" (ohne Glasscheibe) bezeichnen können.

Abweichend vom üblichen Gebrauch definierte die hallische Kinoverwaltung Kino-Cafés als kleine Cafés außerhalb des Saales, in dem die Zuschauer vor und nach dem Film einen Kaffee oder Wein trinken konnten. Dies entsprach in etwa den "Kaffeebars" in größeren Filmtheatern des Bezirkes Karl-Marx-Stadt.

Kino-Cafés auf dem "platten Land"

"Kino-Café" nannte man aber auch bestimmte Veranstaltungsformen im ländlichen Gebiet. Schon seit 1959 wurden in Gaststätten oder Kulturhäusern mit transportablen Projektoren Filme gezeigt und die Zuschauer gleichzeitig mit Essen und Getränken versorgt. In den 1970ern erlebten solche Abende oder Nachmittage einen Boom und erfreuten sich großer Beliebtheit.

Geschichte: Wer hat's erfunden?

Gibt's heute noch Kino-Cafés?

Tanja Tröger 2004–2013