In Sachen Gastronomiekinos ist ein für die zentralisierte und berlin-zentristische DDR recht untypisches Phänomen festzustellen:
Während neue Projekte üblicherweise in der Hauptstadt geboren und von dort in den Rest der Republik exportiert wurden, kamen Ideen und Initiativen zu den Gastronomiekinos ausschließlich aus der "Provinz" und verbreiteten sich auf mehreren verschlungenen und oft informellen Wegen, d. h. ohne Zutun der HV Film, in der gesamten DDR – nur Berlin erreichten sie nicht.
Die Hauptstadt der DDR bildete landesweit die einzige Ausnahme, weil sie keinerlei Gastronomiekino-Formen vorzuweisen hatte – obwohl viele Filmtheater Sanierungen dringend nötig gehabt hätten. "Berlin hat 21 staatlich geleitete Kinos. Einige davon sind so alt und vergammelt, daß man sie getrost vergessen kann", hatte 1977 die Filmrezensentin des Satiremagazins "Eulenspiegel", Renate Holland-Moritz, gemeckert.
"In den Bezirken Halle, Magdeburg, Suhl, Erfurt und Cottbus gibt es schon seit langem hübsche, intime Kinochen, in denen man seinen Ärger über den kalten Kaffee auf der Leinwand mit einem heißen im Parkett runterspülen kann. Ebenso läßt sich natürlich das Vergnügen an einem gelungenen Film durch einen hochprozentigen Spaßmacher potenzieren. [...] Daß der Magistrat und die Berliner Bezirksfilmdirektion bisher nichts Vergleichbares auf die Beine gestellt haben, ist ebenso peinlich wie unbegreiflich." Dabei habe doch gerade Berlin mit dem nahegelegenen DEFA-Produktionsgelände und den vielen ansässigen Filmmitarbeitern ein Pfund, mit dem es wuchern und einen engen Kontakt zwischen Filmemachern und Publikum herstellen könne.
Zwar hatte der Direktor der Bezirksfilmstelle Berlin, Horst Reinsch, im Frühjahr 1977 in einem Interview der Kino-Fachzeitschrift PIB vollmundig verkündet, für den Pankower "Blauen Stern" und das "UT" im Industriezentrum Oberschöneweide lägen die Umbaupläne zu Kino-Cafés "im Schubfach" und man habe sich "die Realisierung dieses Vorhabens bis 1980 vorgenommen". Getan hat sich aber nichts. Weder der "Blaue Stern", dem Holland-Moritz 1977 die Chance zugestanden hatte, "Berlins erstes Kino-Restaurant zu werden", war bis 1990 saniert (im Gegenteil: er wurde 1987 wegen Baufälligkeit geschlossen), noch offenbar ein anderes Filmtheater zu Klubkino oder Kino-Café umgebaut worden. Die Suche nach Gründen dafür wäre ein interessantes Unterfangen: Fehlten die engagierten Fürsprecher, Finanzen, Material – oder schlichtweg die Puste?