Klubkino-Geschichte: Überraschend große Handlungsspielräume für regionale Kinoverwalter

Bei den Klubkinos (wie auch bei den Kino-Cafés der 1970er Jahre) trat ein für die zentralistische DDR schwer vorstellbares Phänomen auf: Offenbar wurden Klubkinos an verschiedenen Orten relativ gleichzeitig, aber unabhängig voneinander, "erfunden".

Bis etwa 1977/78 ist bei vielen der innovativen Bezirksfilmdirektionen eine Phase des Suchens und Ausprobierens festzustellen, erkennbar an den oft sehr verschiedenen Gastronomiekinotypen, die konzipiert, erbaut und genutzt wurden. Ausschlaggebend und wichtig für alle Gastronomiekino-Projekte in der gesamten DDR war stets das Engagement einzelner BFD-Mitarbeiter und die Unterstützung durch staatliche, lokale und Partei-Instanzen. Zeigten diese kein Interesse und Durchhaltevermögen, tat sich nichts – oder zumindest sehr wenig.

Name: Klubkino, geboren: 1975 in Thüringen

Erstes Klubkino der DDR war der Erfurter Kinoklub am Hirschlachufer, der am 6. Mai 1975 den Spielbetrieb aufnahm (und inzwischen seinen 30. Geburtstag feiern konnte!). Anderthalb Jahre später weihte die BFD Erfurt ihren zweiten Kinoklub in Worbis an der innerdeutschen Grenze ein.

Im Norden der Republik wurden 1977 die ersten Klubkinos eröffnet. Im Spätsommer lief im Clubkino im Güstrower Schloss der erste Film, und die BFD Potsdam baute ein Klubkino ins Nauener "Theater der Freundschaft" ein. Es wurde Anfang der 1990er Jahre geschlossen und verfällt seitdem.

Clubkino Neukirchen, 1978 eröffnet, 2003 abgerissen; Foto: Tröger Stubnitz-Lichtspiele Sassnitz/Rügen mit Klubkino, * vor 1978; Foto: Heim
li: Clubkino Neukirchen bei Karl-Marx-Stadt/Chemnitz, 1978 eröffnet, 2003 abgerissen; Foto: Tröger
re: Stubnitz-Lichtspiele Sassnitz/Rügen mit Klubkino, eröffnet vor 1978; Foto: Heim

Die Sachsen, die sind helle ...

Zu den innovativen BFDen zählte auch die Karl-Marx-Städter. Nachdem das Leitungsteam um Werner Klier zunächst die Visionsbar-Idee von der eng befreundeten BFD Halle übernommen hatte, entwickelte es unter Beachtung der dabei erkannten Defizite "ihre" Klubkinos: Eine "Zwei-Klassen-Gesellschaft" und das Aquariums-Gefühl wollten die "Erfinder" vermeiden und dehnten daher die gastronomische Betreuung auf den gesamten Saal aus. An der begeisterten Annahme der Visions- und Kaffeebars in den Filmtheatern des Bezirkes hatten sie festgestellt, dass man mit derartigen Imbiss- und Serviceangeboten Besucher locken kann. Das "Clubkino Neukirchen" wurde 1978 als erstes im Bezirk übergeben, es folgte rund ein Dutzend weitere Kinos. Die zu diesem Zeitpunkt schon zehn Jahre existierenden Kino-Cafés waren trotz sehr ähnlicher Innenarchitektur kein Vorbild für die Karl-Marx-Städter Klubkino-Entwickler.

Die sächsische Klubkino-Innovation breitete sich dann wiederum auf Mundpropaganda- und Besichtigungsbasis in andere Bezirke aus. Die befreundeten Hallenser etwa kopierten begeistert das Projekt.

Wendefolgen: Klubkinos nach 1989/90

Tanja Tröger 2004–2013